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Oktopus aus Massentierhaltung? – Vor der Küste Gran Canarias

Für Unruhe unter Tierschützern sorgt seit einigen Monaten ein spanischer Großkonzern. Die größte spanische Fischereifirma Nuevo Pescanova hatte angekündigt, vor der Küste der Kanareninsel Gran Canaria die weltweit erste Massenzuchtanlage für Oktopoden (Mz. von Oktopus) zu errichten.

Octopus vulgaris.
Octopus vulgaris. Der Oktopus ist ein faszinierendes wirbelloses Meerestier mit acht Armen, das für seine Intelligenz, Anpassungsfähigkeit und geschickte Tarnung bekannt ist. Foto: © Albert Kok/Dutch Wikipedia

 Bis zu 3.000 Tonnen der Tiere sollen den Ankündigungen nach in der neuen Farm pro Jahr gezüchtet, geschlachtet und verkauft werden. Dies entspricht rund einer Million Tieren. Mehr als 60 Millionen Euro sollen bereits in die Planung investiert worden sein. Es ist die Rede von bis zu 1.000 Gemeinschaftsbecken auf zwei Etagen im Hafen von Las Palmas, der Inselhauptstadt. Der Fischereikonzern reagiert mit der Planung der Anlage auf eine global wachsende Nachfrage nach Pulpo. Traditionell gehörten vor allem Spanien, Italien, Griechenland, Japan und Mexiko zu den Hauptabnehmern, mittlerweile aber wird mit Tintenfischfleisch weltweit viel Geld verdient: Rund 350.000 Tonnen Oktopus werden jährlich gefangen, das bedeutet nach Angaben der britischen BBC einen Umsatz von fast 2,5 Milliarden Euro.

Die Pläne der spanischen Firma sorgen für Aufmerksamkeit, weil es bisher weltweit noch niemandem gelungen ist, Kraken im größeren Stil und in Massentierhaltung erfolgreich zu züchten.

Tintenfische sind Einzelgänger, sie leben in großer Tiefe und oft völliger Dunkelheit und sind aufgrund ih res natü rlichen Verhaltens völlig ungeeignet, um in Gruppen oder gar in Massen gehalten zu werden. In der geplanten Tintenfischfabrik sollen pro Kubikmeter Wasser 10-15 Tiere gehalten werden, voraussichtlich unter permanenter Beleuchtung, um die Wasserqualität kontrollieren zu können. Doch auch bei sauberem Wasser ist hier der Stress für die Tiere programmiert. Tierschützer warnen bereits vor Kannibalismus, der auftreten kann. Sogar der Konzern selbst rechnet damit: Die sogenannte Ausfallquote, also der Anteil der Tiere, der schon vor dem regulären Ende der Mastdauer stirbt, soll bei bis zu 15% liegen.

Kraken flüchten mit dem Körper voran und ziehen die Arme hinterher.
Kraken flüchten mit dem Körper voran und ziehen die Arme hinterher. Foto: © albert kok, CC BY-SA 3.0

Die Kritik geht allerdings noch weit darüber hinaus, Unterstützung erhalten die Tierschützer dabei von vielen Forschern. Denn Tintenfische haben ein ähnliches Schmerzempfinden wie Wirbeltiere.

Da es bisher noch keine kommerzielle Haltung von Tintenfischen gibt, existieren auch keinerlei Haltungsvorschriften. Die Haltungsbedingungen würden also lediglich durch die Ausrichtung des Unternehmens bestimmt und somit nach dem Befürchten vieler Tierschützer ausschließlich am Profit ausgerichtet, anstatt am Wohle der Tiere. Auch die Schlachtung der Tiere selbst stößt auf heftige Kritik. Denn geplant ist, sie in einem minus drei Grad kalten Schlamm zu töten. Nuevo Pescanova spricht in Pressemeldungen zwar von einem schonenden Verfahren, das Schmerzen vermeide. Hirnforscher bestätigen hingegen, dass die Tötung in Eiswasser einen langsamen und schmerzvollen Tod bedeutet und deshalb nicht erlaubt werden dürfe. Einige Länder, darunter Großbritannien und die USA, planen bereits Importverbote für Fische, die auf diese Weise getötet wurden. Nuevo Pescanova hatte seit mehr als zwanzig Jahren Forschungen betrieben, wie sich Tintenfische in Gefangenschaft züchten lassen. Mittlerweile konnte der Konzern sich die Aufzucht der Larven patentieren lassen. Die Pläne liegen nun bei den zuständigen Behörden. Auf Medienanfragen zum aktuellen Stand erfolgte keine Antwort.

Mit dem Bau der geplanten Zuchtanlage sind nicht nur Investitionen in Millionenhöhe verbunden, sondern auch die Schaffung von mehreren hundert Arbeitsplätzen auf der strukturschwachen Kanareninsel. Trotz der massiven, weltweiten Kritik und zahlreicher Petitionen gegen den Bau der Farm mit hunderttausenden Unterstützern ist die finale Eröffnung daher nicht unwahrscheinlich.

Tintenfische gelten als sehr intelligent und in dieser Hinsicht vergleichbar mit Katzen. So können sie nachgewiesenermaßen einfachere logische Probleme lösen und zum Beispiel Aufgaben erledigen, um sich eine Belohnung in Form von Futter zu verdienen. Darüber hinaus gelten sie zwar als Einzelgänger. Beobachtungen haben aber gezeigt, dass sie z.B. zu ihren Pflegern individuelle Beziehungen aufbauen können.

Jan Peifer