Haushunde

Hunde-Mythen aufgeklärt – Ein Hund, der mit der Rute wedelt, freut sich!

Viele Menschen haben es schon im Kindesalter gelernt. Und auch bei Erwachsenen hält sich dieser Mythos hartnäckig. Wenn der Hund mit der Rute wedelt, dann freut er sich! Aber ist das richtig?

Foto: © aktion tier, Ann-Kari Sieme

Richtig ist zumindest, dass das Rutewedeln des Hundes ein Ausdruck von Freude sein KANN, aber eben keinesfalls sein muss. Grundsätzlich ist es nämlich erstmal nur ein Ausdruck eines erhöhten Erregungszustands, dessen Ursprung sowohl in Freude, als auch in Unsicherheit, Angst oder Stress liegen kann. Je schneller der Hund mit der Rute wedelt, desto höher ist die aktuelle Erregung. Steigt jedoch die Anspannung des Hundes, versteift sich die Rute und das Wedeln wird langsamer. Die pauschale Aussage, dass sich jeder Hund, der mit der Rute wedelt freut und bester Laune ist, ist also leider falsch. Bei einem Rutewedeln, dessen Ursprung wirklich Freude ist, ist ein lockeres und nach rechts ausladendes Schwingen der Rute zu sehen.

Nicht selten schwingen bei dieser Art des Rutewedelns auch der Po und der hintere Rücken des Hundes mit. Die Rutenhaltung ist dabei eher tief angesetzt.

Ebenso können wir aber auch Hunde beobachten, die beispielsweise bei der Aufnahme einer Fährte anfangen mit der Rute zu wedeln, oder welche, die das Rutewedeln ganz eindeutig als Beschwichtigung ihres Gegenübers einsetzen.

Italienische Wissenschaftler der Universität Bari haben in ihrer Studie „Asymmetric tail-wagging responses by dogs to different emotive stimuli“ mit 43 Hunden unterschiedlicher Rassen herausgefunden, dass auch die Richtung, in die die Rute wedelt, Aufschluss über die zu Grunde liegende Emotion des Hundes geben kann. So schlugen die Ruten der Versuchstiere bei Sichtung einer Bezugsperson gleichbleibend nach rechts aus. Wurden die Versuchstiere jedoch mit einem großen, bisher nicht bekannten und bedrohlich wirkenden Artgenossen konfrontiert, begannen diese verstärkt nach links zu wedeln. Die Untersuchenden gehen davon aus, dass die Richtung des Rutewedelns keine bewusst getroffene Entscheidung ist, sondern einfach dadurch zu Stande kommt, dass bei unterschiedlichen Emotionen auch unterschiedliche Gehirnhälften aktiviert werden. Wedelt die Rute des Hundes nach rechts, ist die linke Gehirnhälfte aktiviert. Wedelt der Hund eher nach links, wird dies von der rechten Gehirnhälfte gesteuert. Die Studie belegte, dass die Ausrichtung des Wedelns durchaus von anderen Artgenossen wahrgenommen wird und die Versuchstiere dementsprechend entspannt oder aufgeregt auf das ihnen Gezeigte reagierten.

Die Rute ist ein wichtiges Element in der hündischen Kommunikation. Ein Wedeln mit der Rute bedeutet jedoch keinesfalls immer, dass der Hund sich freut, sondern lässt erst einmal nur auf einen erhöhten Erregungszustand schließen.

Auch Hundehalter können sich diese Erkenntnis zu Nutze machen und anhand der Richtung des Rutewedelns die zu Grunde liegende Emotion des Hundes besser erkennen.

Grundsätzlich lässt sich hier festhalten: Wedelt der Hund nach rechts, basiert dies auf einer positiven Emotion. Wedelt der beste Freund des Menschen nach links, lässt das auf Emotionen wie Angst und Unsicherheit schließen. Um jedoch noch genauer zu verstehen, wie es dem Hund gerade geht, lohnt es sich immer die komplette Körpersprache zu betrachten und sich nicht nur auf die Rute zu beschränken. Die Rute des Hundes ist neben ihrer Funktion die Balance zu halten, also ein wichtiges Kommunikationsmittel für unsere Vierbeiner. Hunde ohne natürlich ausgebildete Rute haben deutlich häufiger Kommunikationsprobleme mit Artgenossen. Auch angeborene Rutenstellungen, wie beispielsweise eine Ringelrute bei Spitzen, Möpsen, Akitas und weiteren Rassen, können Einfluss auf die Kommunikation mit Artgenossen haben.

Wir Menschen sollten uns von dem alten Glaubenssatz „Ein Hund, der mit der Rute wedelt, ist freundlich“ lösen und lernen, die Rutenhaltung des Hundes richtig zu verstehen. So wird es uns in Zukunft deutlich leichter fallen, die kommunizierten Emotionen und Bedürfnisse unserer Hunde zu verstehen und sensibel auf diese einzugehen.

Ann Kari Sieme

aktion tier-Geschäftsstelle Berlin